In mehreren Gemeinden im Bezirk Lenzburg ist im Dezember beim Eindunkeln das Klöpfen vieler Geisseln zu vernehmen. Für gewöhnlich beginnen die fleissigen Chlausklöpfer ab dem Martinstag mit dem Üben und praktizieren der lebendigen Tradition des Geissleklöpfens bis zum Chlausmärt in Lenzburg, dem zweiten Donnerstag im Dezember. Das Klöpfen gehört mittlerweile zum immateriellen Kulturerbe auf der Unesco-Liste.
Von der Lenzburger Dichterin Sophie Haemmerli-Marti widmete dem Brauch folgendes Gedicht:
De Götti het mer en Geisle gmacht
Vo Rischten und vo Chuder,
Jez tueni chlöpfe Tag und Nacht,
es git eim frei en Schuder:
Linggs, rächts, chehr di um,
Gradusen jez und zringseldum,
Los, wis suset ob de Chöpfe:
S Härz zum Lib us chönnti chlöpfe!
Es tätscht, mer het no nüt so ghört,
D Lüt rönnen use, wi verstört,
Und meine, es heig gschosse.
Si chömen uf de Rosse:
Linggs, rächts, chehr di um,
Gradusen jez und zringseldum,
D Chreie flüge furt i Schare,
Dasmol bschüssts, ihr wärdets gwahre!
Die Kunst des Geissleklöpfens
..., die ist wahrlich nicht zu unterschätzen und bedarf reichlicher Übung und Geschick, da nicht die Kraft, sondern die Technik ausschlaggebend ist. Beide Hände umgreifen den Holzgriff und schwingen ihn mit dem daran festgemachten Seil auf Augenhöhe, wobei im richtigen Moment blitzartig die Richtung geändert wird. Gelingt es, die Richtungsänderung im idealen Augenblick und mit der entsprechenden Schnelligkeit durchzuführen, erklingt der typische Geisslechlapf – ein Überschallknall, der über 100 Dezibel erreicht. Als Knallkörper dient der Zwick, welcher am «Männdli» – dem dünneren Seilende befestigt wird. Zum Holzgriff hin wird das 1,5 bis 4,5 Meter lange Seil einer Lenzburger Geissel gleichmässig dicker; dieser Teil wird «Wybli» genannt.
Bis ins 16. Jahrhundert lässt sich das Klöpfen verfolgen. Das Lenzburger Ratsmanual von anno 1588 schildert, wie wilde Burschen auf der Gasse mutwillige Streiche verübten. Sie verbinden von aussen die Haustüren, sie poltern dem Prädikanten am Haus, sie klöpfen mit langen Geisseln. Einmal hatten lose Buben einen ruchlosen Streich ausgesonnen. Wie sich der Sankt-Niklaus-Tag seinem Ende neigte, da streuten sie getrocknete Erbsen auf die Treppe am Goffersberg. Und wie der Klaus herniedergestiegen kam, da rollten die Erbsen unter seinen Füssen weg, und der alte Mann kollerte den Berg hinunter und tat sich weh an allen Gliedern.... Den ganzen Text gibts als Download.
Quelle: Lenzburger Neujahrsblätter 2018, 56-64: Heiner Halder: Überschallknall dank dem Trick mit dem Zwick: 70 Jahre Chlausklöpfen in Lenzburg.
"Chlauschlöpfe" aus: Sophie Haemmerli-Marti: Ebigs Füür, 2003, 55.
Weiterführende Literatur: Nold Halder, «Aus einem alten Nest», Sagen und Spukgeschichten aus Lenzburg, 1923.