Spannende Geschichten und originelle Fundstücke aus Lenzburgs Estrichen, Kellern und Waldungen werden hier von Mitarbeitenden des Museum Burghalde vorgestellt.
Die Kolumne im Lenzburger Bezirks Anzeiger erscheint ab Januar 2023 jeweils in der ersten Ausgabe des Monats.
Magische Welten (Kolumne 12)
Wer kennt sie nicht, die magischen Buchklassiker aus dem (Enkel-)Kinderzimmer: das «Dschungelbuch», «Jumanji», «Alice im Wunderland» oder Harry Potters Gesamtausgabe. «In den Bann ziehen» wird bei diesen Beispielen erlebbar und magische Welten tun sich auf. Der Sogwirkung eines Buches kann sich auch Globi in seinem jüngsten Abenteuer nicht entziehen. So landet er flux im Schmöker des Trödlerladens – im Reich der Fantasie. Kapitel um Kapitel dringt der lustige Vogel tiefer in die Unendlichkeit zwischen Buchdeckeln ein.
Wie aber öffnet man ein «Buch mit sieben Siegeln» überhaupt erst? Nicht verstanden? Dann ist dieses Nichtwissen auch gleich die Antwort respektive die Redewendung deutet auf ein unlösbares Rätsel hin. Woher dieses geflügelte Wort stammt? Aus dem «Buch der Bücher». Und darum gehts: Wenn alte Bücher nicht bloss von Rätseln und Schätzen des (ewigen) Lebens erzählen wollen, sondern selbst zu Preziosen werden und Globis Trödelladen zu Lenzburgs Schatzkammer wird, dann werden hier heilige Schriften, Rollen, Bildtafeln und -teppiche aus den alten Zivilisationen ort- und zeitversetzt erlebbar. Aus privaten Sammlungen führen die äthiopischen und koptischen Highlights gerade zu den Ursprüngen unserer Kulturgeschichte zurück. Aus Niederlenz wird der versierte Buchbinder Peter Karlen eingeflogen, um im Museumsforum seine schönsten Kalligraphien, Marmorpapiere und Handwerkspreziosen zu beleuchten. Seine kleine, feine Retrospektive läutet die neue Reihe «Lenzburg sammelt …» im Stadt- und Regionalmuseum Lenzburg ein. Das Ausstellungsplakat zieht in seinen Bann.
Am nächsten Adventssonntag ist freier Museumseintritt. Das Museum Burghalde lädt zu den Vernissagen mit Umtrunk ein. Adventspapier und Geschenkkarten marmorieren in der offenen Werkstatt, ab 8 Jahren. museumburghalde.ch.
Bernhart Matter, geboren 1821, auch «Robin Hood der Schweiz» genannt, ist vielen in der Region bereits ein Begriff: der erfolgreiche Gauner, der edle Dieb, der es den Reichen nimmt und den Armen gibt.
Für die einfache Bevölkerung waren die damaligen Zeiten hart. Im Aargau litten Leute damals noch Hunger – heute kaum noch vorstellbar. Einen Mittelstand gab es nicht. Jede sechste Person im Kanton musste von ihrer Gemeinde unterstützt werden. Matters Diebestouren wurden als Auflehnung gegen die Oberschicht gesehen und er war in der einfachen Bevölkerung beliebt. «Lasst den Matter in Ruh! Den Armen nimmt er nichts. Und den Reichen tuts nichts», wurde angeblich auf sogenannten «Fresszeddeli» im Suhrental verteilt, als intensiv nach ihm gefahndet wurde.
Ein Teil von Matters Berühmtheit ist auf sein Ende zurückzuführen: 1854 wurde er als letzter Aargauer in Lenzburg öffentlich hingerichtet. Sein Tod verkam zu einem regelrechten Volksspektakel, das etwa 2000 Leute mitverfolgten.
Die Hinrichtung war umstritten. Matter war zwar ein äusserst erfolgreicher Dieb – die Deliktsumme, für die er verurteilt wurde, hat immerhin den heutigen Gegenwert von einer halben Million –, aber er war kein Mörder oder Schwerverbrecher. Der Obrigkeit wurde vorgeworfen, Matter aus Rache und nicht als Bestrafung der «Vertilgung» zugeführt zu haben. Er galt nämlich als wahrer Ausbrecherkönig. Wenn er der Polizei nicht schon vorher entwischte, entkam er aus Ketten, Zellen und sogar eigens für ihn erbauten Kammern.
Viele Geschichten und Legenden ranken sich heute um den Dieb. Zu Matter gibt es Bücher, Lieder, Gedenktafeln, Theaterstücke und Comics. Auch im Museum Burghalde ist noch bis Ende November etwas von ihm zu finden: Es sind die Hals- und Armketten, mit denen er vor seiner Hinrichtung gefesselt war. Das unheimliche Exponat ist versteckt in der Sonderausstellung «Schatzkammer Wald». Wo genau, dass müssen die Besucher und Besucherinnen selbst herausfinden!
Generationen von Pilzkundlern und -sammlern haben anhand der Bildtafeln des Lenzburgers Hans E. Walty (1868–1948) die Schweizer Pilzflora kennen gelernt. Mit dem kleinen Bildbüchlein im Sack sind sie durch die Wälder geschlichen auf der Suche nach den schönsten Gewächsen.
Verblüffend real Der durchschlagende Erfolg jenes vor genau 100 Jahren und jünger verlegten Bildtafelwerks ist nicht zuletzt seiner Akribie geschuldet. Verblüffend real und in noch nie da gewesenem Umfang sollten mehrere Bändchen in x-facher Auflage folgen.
Das umfassende mehrbändige Kompendium war insofern heiss begehrt, als dass Walty neben der deutschen und der lateinischen Bezeichnung mit Funddatum jeweils auch die Einordnung essbar, ungeniessbar, verdächtig, giftig, «tötlich» vermerkt hatte.
An die 500 Bildtafeln Während über 30 Jahren schuf der einstige Zeichenlehrer an der Bezirksschule Lenzburg und preisgekrönte Künstler Hunderte Aquarelle. Stets bemühte sich der Pilzforscher um eine Kategorisierung, doch die gigantische Zahl an unterschiedlichen Arten liess ihn seine einmal erlangte Auflistung mehrfach revidieren. Jenes Manuskript blieb unveröffentlicht, das atemberaubende Originalwerk der Öffentlichkeit verborgen – bis auf ein einziges und letztes Mal 1953.
Nimm’s mit Humor Bei all den Erkundungen über die Jahrzehnte müssen dem passionierten Pilzsammler Walty unzählige Anekdoten zu Ohren gekommen sein. Jedenfalls findet sich solch eine in den Lenzburger Neujahrsblättern: Wie Walty darin die Namensfindung des Steinpilzes in verschiedenen Sprachen umschreibt, kommt er schlussendlich auf die deutsche Übersetzung zu sprechen: «Die Deutschen nennen den schwarzhütigen Steinpilz ‹weissfleischiger Bronzepilz›. Als ich vor Jahren die Zürcher Pilzausstellung besuchte, war er als solcher angeschrieben. Ein biederer Schwabe las kopfschüttelnd die Anschrift und meinte: ‹Jetzt hab i gmeint, ich hätt mei Lebe lang den schwarzhütigen Stoipilz gfressa, und jetzt is des auf einmal der weissfleischige Bronzepilz.›» Womit ich – ganz im Sinne Waltys – schliesse.
Bis 26. November Die Ausstellung «Herausragende Pilze – Die Aquarelle von Hans E. Walty» ist im Museum Burghalde in Lenzburg bis am 26. November zu sehen.
Bei Waldspaziergängen stechen sie ins Auge und steigen in die Nase: Frisch gefällt, verbreiten Tannen und Föhren entlang der Waldstrassen einen wunderbaren Duft. Dank Kettensäge und Vollernter türmen sich die Holzhaufen innert weniger Tage meterhoch.
Kaum mehr vorstellbar ist, wie dies vor hundert Jahren ohne Wunderwerke der Technik vonstattenging. Nebst Zweimannsäge und Axt waren Werkzeuge mit gfürchigen Namen wie «Waldteufel» oder «Blitzhaken» im Einsatz. Handarbeit und Muskelkraft waren gefragt. Und Pferdestärken gab es nur inklusive Zaumzeug und maximal zwei nebeneinander.
«Klafter» und «Stuude» Einen Grossteil des Aufwands beanspruchte das Rüsten von Brennholz, das als Meterspälten im «Klafter» (3 Kubikmeter) oder – das dünnere Holz für den Kachelofen – mit zwei Drahtschlaufen zu «Stuude» zusammengebunden versteigert wurde. Damals deckten die hohen Holzpreise die günstigen Arbeiterlöhne um ein Vielfaches. Der Lenzburger Wald ermöglichte so manchem Büezer einen Zusatzverdienst als «Stuudemacher»: Im Vergleich zu heute wurde um 1950 mehr als das Zehnfache an Arbeitsstunden im Wald geleistet.
Wie wertvoll Brennholz damals war, zeigt die Geschichte vom «Bürgernutzen» aus Ammerswil: Zu dieser Zeit erhielten Ortsbürger jedes Jahr kostenlos eine bestimmte Menge Brennholz. Wer das Holz nicht mehr brauchte, liess sich den Bürgernutzen in bar geben. Dieser übertraf dort gerne auch die geschuldeten Steuern, sodass man sich von der Gemeinde den Bürgernutzen auszahlen und die Steuern davon abziehen konnte.
Waldfest am 27. August Live erleben lässt sich altes Waldhandwerk am 27. August im Lenzburger Berg: Die Forstdienste Lenzia und das Museum Burghalde laden zum Waldfest, wo geholzt wird wie zu Urgrossvaters Zeiten. Arbeitswillige und Neugierige dürfen mit anpacken und die «Waldbüez» gleich selbst übernehmen. Wer an diesem Sonntag die Arbeit lieber ruhen lässt, darf auch einfach den Profis beim Chrampfen zuschauen und sich verköstigen.
Bäume faszinieren. Sie können mehrere Menschenleben alt werden, trotzen Naturgewalten und verbinden durch ihre Grösse die Erde mit dem Himmel.
Uns Menschen liefern Bäume seit Jahrtausenden Holz und Nahrung und schützen uns vor Naturgefahren. Nicht erstaunlich also, spielen sie in Mythen und Religionen auf der ganzen Welt eine wichtige Rolle. Dem Ideenreichtum sind dabei kaum Grenzen gesetzt: Unter Bäumen geschehen Erleuchtungen und Wunder, Götter nutzen Bäume als Wohnort und Menschen verwandeln sich in Bäume oder genau umgekehrt.
Bis ins 19. Jahrhundert pflegte man Kontakte zu alten, mächtigen Bäumen. Heilige wurden dort verehrt oder Krankheiten wie Gicht oder Zahnschmerzen am Baum abgestreift. Der passende Vers machte den Zauber jeweils möglich, zum Beispiel: «Eichenbaum, ich klage dir / Die Gicht die plaget mir / Ich wünsche, dass sie mir vergeht / Und in dir besteht.»
Heute sind Vorstellungen zur Magie und Kraft von Bäumen aus unserem Alltag fast verschwunden. Der Weihnachts- und der Maibaum sind letzte Zeugen des einst facettenreichen Brauchtums. Immerhin hat die enge Verbindung zwischen Baum und Mensch in unserer Sprache überdauert: Auch wir können verwurzelt, stämmig oder aus gutem Holz geschnitzt sein.
Übrigens: In den Lenzburger Wäldern gibt es sie noch, die Baumriesen mit verborgenen Kräften. Sie sind mit einem weissen Punkt markiert und dürfen so lange im Wald stehen bleiben, bis sie auf natürliche Weise sterben. Sie haben schon so einiges erlebt und lassen sich nicht so rasch aus der Ruhe bringen.
Und noch etwas sei in dieser Kolumne verraten: Mit solchen Baumriesen kann man sprechen. Das lässt sich ganz ohne Worte machen. Wie genau, muss aber jede und jeder für sich selbst herausfinden. Wer es versucht und sich darauf einlässt, erlebt die Magie der «Schatzkammer Wald». Der Geistliche und Seelsorger Phil Bosmans (1922–2012) meinte dazu passend: «Wer mit Bäumen sprechen kann, braucht keinen Psychiater. Nur meinen die meisten Menschen das Gegenteil.»
«Schatzkammer». Hier stellen Mitarbeitende des Museums Burghalde Lenzburg jeweils in der ersten Ausgabe des Monats spannende Geschichten und originelle Fundstücke vor.
Alles begann mit dem Titel der Kolumne «Schatzkammer» und dem Stöbern in der Ausstellung. Über welches Objekt könnte es sich lohnen, etwas genauer zu recherchieren? Die Wahl fiel intuitiv auf eine kleine Holztruhe. Eine Schatztruhe vielleicht? Sie soll dem Berner Landvogt Hans Gyder gehört haben, der von 1571 bis 1577 auf Schloss Lenzburg waltete.
Um erlebnisreiche Zeitreisen, passioniertes Erkunden und das Heben von Schätzen geht es auch in unserem Museum: Eine grosse Schatzkiste ist die aktuelle Ausstellung über das Faszinosum Wald. Ins Schatzjägerfieber geraten die kleinen Abenteurer in der Schatzkammer Wald etwa mit der Schnitzeljagd auf der Suche nach dem verlorenen Zauberspruch. Geschicklichkeit ist bei der Murmelibahn rund um den Schlossberg gefragt. Um eine Zeitreise geht es nicht nur in der Seifi, wo ein sage und schreibe 13000 Jahre alter Baum ins Staunen versetzt. Auch in der Dauerausstellung funkeln Schätze in Gold und Silber: etwa in den Kellergewölben, wo kyrillische Zeichen auf uralten Holztafeln Geheimnisse über Heilige und Ungeheuer verraten.
Mit Sicherheit als Schatzkiste klassifiziert und in jedem Kinderzimmer mit Leibeskräften verteidigt wurden die kleinen Holztruhen mit dem Schatz an farbigen Klötzchen, Tieren und Bäumen. Mit dem Lego-Vorgänger, dem «Schweizer Baukasten», hat sich der Lenzburger Carl Zweifel museal verewigt.
Ohne prunkvollen Inhalt, dafür umso reicher an Geschichte ist die 450-jährige Truhe von Landvogt Hans Gyder. Hier ist das kunstvoll verzierte Holzkistchen der Schatz selbst.
Dass unscheinbare Steinkistengräber einen archäologischen Schatz darstellen, lässt sich anhand der Knochen aus längst vergangenen Zeiten im Erdgeschoss nachvollziehen.
Ja, und ums Lebendige geht es aber am 17. Juni beim Seifenkistenrennen die Schlossgasse herunter. Die Jagd nach den begehrten Pokalen und Medaillen aus Gold, Silber und Bronze ist eröffnet.
Eine Holztruhe und das verhängnisvolle Jahr 1572 (Kolumne 4)
Alles begann mit dem Titel der Kolumne «Schatzkammer» und dem Stöbern in der Ausstellung. Über welches Objekt könnte es sich lohnen, etwas genauer zu recherchieren? Die Wahl fiel intuitiv auf eine kleine Holztruhe. Eine Schatztruhe vielleicht? Sie soll dem Berner Landvogt Hans Gyder gehört haben, der von 1571 bis 1577 auf Schloss Lenzburg waltete.
Die Truhe aus dem Jahr 1572 ist mit der Inschrift «Hans Gyder Landfoggt deLenzebvrg und min Wib Adelheide von Greyerz z Bern» versehen. Weitere Informationen zum Objekt liessen sich im alten Museumskatalog und in der Datenbank nicht finden.
Zugegeben, etwas mager. Es waren weitere Recherchen nötig. Zur Truhe selbst liess sich kaum etwas herausfinden, wohl aber zu ihrem Besitzer und dem verhängnisvollen Jahr 1572.
Historischer Kontext
Im 16. Jahrhundert war die Lage in Europa angespannt. Reformierte und Katholiken hatten, wie man sagt, das Heu nicht auf derselben Bühne. Im Entstehungsjahr der Truhe gab eine geplante Hochzeit in Frankreich Anlass zur Hoffnung. Denn der hugenottische und somit reformierte Heinrich von Navarra sollte die katholische Margarete, Schwester des französischen Königs Karl IX, heiraten und damit zur Versöhnung der beiden Religionsparteien in Frankreich beitragen.
Der Anlass sollte als «Pariser Bluthochzeit» oder Bartholomäusnacht in die Geschichtsbücher eingehen. Tausende Hugenotten, darunter fast alle protestantischen Hochzeitsgäste, wurden an diesem und den folgenden Tagen in ganz Frankreich ermordet. Die Nachricht löste im reformierten Bern Bestürzung aus – und Misstrauen gegenüber der katholischen Innerschweiz.
Hier kam der Landvogt Hans Gyder ins Spiel. Er wurde beauftragt, Späher in die Innerschweiz zu schicken, um herauszufinden, wie die Lokalbevölkerung zur Bluttat im Nachbarland stand.
Aus seinem Bericht vom 17. September 1572 an den Rat in Bern geht hervor, dass die Innerschweizer von den Morden gehört hatten, sich aber keineswegs über das Leid der Hugenotten freuten. Vielmehr waren sie der Meinung, dass ähnliche Taten in der Eidgenossenschaft verhindert werden sollten. Offenbar fürchtete die Bevölkerung auch hierzulande einen weiteren Krieg. Zu einem solchen kam es glücklicherweise nicht.
Welche Rolle die Truhe bei den Ereignissen von 1572 gespielt hat, ist nicht bekannt. Sicher könnte sie noch viel mehr berichten. Es zeigt sich, dass Museumsobjekte und ihre Geschichten wahre Schätze sind – das Museum eine Schatzkammer.
Viele von uns schätzen den Wald als Erholungsraum. In der grünen Oase tanken wir Kraft, lassen die Seele baumeln und können – abseits gesellschaftlicher Normen und sozialer Zwänge – einfach sein. Natur pur halt. Und doch steckt mehr Menschengemachtes im Wald, als manchen bewusst ist.
Aus Urwald wird Kulturwald Angefangen hat der menschliche Einfluss bereits in der Jungsteinzeit. Erstmals besiedelten sesshafte Bauern das Schweizer Mittelland. Ihr wichtigster Rohstofflieferant: der Wald. Bau- und Brennholz gab es zur Genüge, und Rinde, Harz, Bast, Blätter, Pilze oder Kräuter waren im Alltag unverzichtbar. Auch Wild war begehrt, das nicht nur von nose to tail, sondern inklusive Haut, Sehnen, Knochen und Geweih verwertet wurde.
Mit seinen Vorlieben für bestimmte Pflanzen veränderte der Mensch die Artenzusammensetzung. Beispielsweise fällte er alte dicke Eichen für Bauholz oder nutzte Eiben für leistungsfähige Pfeilbögen. Solche Bäume waren deshalb nicht mehr so häufig im Wald anzutreffen. Über die Zeit nahm die Nutzung des Waldes immer stärker zu. Unberührte, im umfassenden Verständnis «natürliche» Wälder gibt es in der Schweiz heute deshalb keine mehr.
Erfindung der Nachhaltigkeit Der akute Holzmangel im 18. Jahrhundert führte zu einer wichtigen Erkenntnis: Es darf nur so viel Holz aus dem Wald, wie wieder nachwächst. Das Prinzip der Nachhaltigkeit war erfunden. Um der Holzproduktion nachzuhelfen, werden seither Bäume gepflanzt und gepflegt. «Waldbau» nennt sich diese Arbeit des Försters in der Fachsprache.
Der Natur hilft der Mensch künstlich wieder auf die Sprünge, indem er Biotope schafft und Totholz liegen lässt. Und an manchen Stellen lässt er den Wald wieder ganz in Ruhe, und die Grenze zwischen Kultur- und Naturwald verschwindet.
Auch das Museum Burghalde baut auf dem Seifiparkplatz einen Kulturwald. Einige Bäume sind schon da, weitere folgen Mitte Monat. Der Wald entsteht für die neue Sonderausstellung «Schatzkammer Wald», die im März ihre Türe öffnet.
Viele von uns schätzen den Wald als Erholungsraum. In der grünen Oase tanken wir Kraft, lassen die Seele baumeln und können – abseits gesellschaftlicher Normen und sozialer Zwänge – einfach sein. Natur pur halt. Und doch steckt mehr Menschengemachtes im Wald, als manchen bewusst ist.
Aus Urwald wird Kulturwald Angefangen hat der menschliche Einfluss bereits in der Jungsteinzeit. Erstmals besiedelten sesshafte Bauern das Schweizer Mittelland. Ihr wichtigster Rohstofflieferant: der Wald. Bau- und Brennholz gab es zur Genüge, und Rinde, Harz, Bast, Blätter, Pilze oder Kräuter waren im Alltag unverzichtbar. Auch Wild war begehrt, das nicht nur von nose to tail, sondern inklusive Haut, Sehnen, Knochen und Geweih verwertet wurde.
Mit seinen Vorlieben für bestimmte Pflanzen veränderte der Mensch die Artenzusammensetzung. Beispielsweise fällte er alte dicke Eichen für Bauholz oder nutzte Eiben für leistungsfähige Pfeilbögen. Solche Bäume waren deshalb nicht mehr so häufig im Wald anzutreffen. Über die Zeit nahm die Nutzung des Waldes immer stärker zu. Unberührte, im umfassenden Verständnis «natürliche» Wälder gibt es in der Schweiz heute deshalb keine mehr.
Erfindung der Nachhaltigkeit Der akute Holzmangel im 18. Jahrhundert führte zu einer wichtigen Erkenntnis: Es darf nur so viel Holz aus dem Wald, wie wieder nachwächst. Das Prinzip der Nachhaltigkeit war erfunden. Um der Holzproduktion nachzuhelfen, werden seither Bäume gepflanzt und gepflegt. «Waldbau» nennt sich diese Arbeit des Försters in der Fachsprache.
Der Natur hilft der Mensch künstlich wieder auf die Sprünge, indem er Biotope schafft und Totholz liegen lässt. Und an manchen Stellen lässt er den Wald wieder ganz in Ruhe, und die Grenze zwischen Kultur- und Naturwald verschwindet.
Auch das Museum Burghalde baut auf dem Seifiparkplatz einen Kulturwald. Einige Bäume sind schon da, weitere folgen Mitte Monat. Der Wald entsteht für die neue Sonderausstellung «Schatzkammer Wald», die im März ihre Türe öffnet.
In den Wäldern Lenzburgs gibt es einen besonderen Schatz. Sein Ursprung reicht in vergangene Zeiten zurück. Wie durch Zauberhand vermehrt sich dieser Schatz, wird immer prächtiger und wertvoller. Und wer die schönsten Stücke davon mitnimmt, erlangt grossen Reichtum.
Walo von Greyerz als Auslöser Was wie ein Märchen klingt, liegt näher an der Realität, als man denken mag. Walo von Greyerz hiess der Mann, dem wir den erwähnten Schatz zu verdanken haben. Der ausgebildete Forstmann und Chef der aargauischen Artillerie trat 1848 seinen Dienst als Forstverwalter in Lenzburg an.
Holz war knapp. Von Greyerz hatte das Ziel, den Wald erstmals nachhaltig zu bewirtschaften. Wie er das tat, mag heute erstaunen, doch sein Vorgehen hatte Erfolg. Jedes Jahr liess er eine Fläche des bestehenden Waldes roden und das Wurzelwerk rausreissen. Der Holzbedarf war damit erst einmal gedeckt. In die Schneisen der Zerstörung pflanzte er neuen Wald.
Seine militärische Ausbildung blieb dabei nicht unbemerkt, wuchsen die neuen Bäume doch in strammen Reihen von exakt anderthalb Meter Abstand. Jede zweite Reihe bestand aus schnellwüchsigen Arten wie Lärche. Bereits nach 30 Jahren sollten diese als Brennholz wieder gefällt werden.
Brennholz wurde zu «Gold» Die Lärchen wuchsen jedoch nicht so schnell wie erhofft. Und so kommt es, dass noch heute Hunderte dieser alten Bäume im Wald stehen. Wie im Märchen verwandelten sie sich vom einfachen Brennholz in einen wertvollen Schatz: Auf Auktionen erzielen die langsam gewachsenen Stämme hohe Preise, so hoch, dass diese Lärchen heute auch als «Lenzburger Gold» bekannt sind.
Der Grossteil der Bäume endet aber nicht in der Sägerei, sondern verbleibt im Wald. Auf dass wir uns noch lange an unserer Schatzkammer erfreuen können.